„Nur drei Prozent der Bevölkerung können die Symptome einer Herzschwäche richtig zuordnen“, so das kardiologische Expertenteam im Rahmen der Herzwochen der Deutschen Herzstiftung in Alfeld. Veranstaltet von der Medizinischen Klinik des AMEOS Klinikums Alfeld mit dem kommissarischen Chefarzt Dr. Ingo Neumann und der langjährig kardiologisch tätigen Oberärztin Dr. Christiane Wigand-Richter, fanden die Vorträge am 18. November in der Aula der Schulrat-Habermalz-Schule statt. Zu Gast war wie in den letzten Jahren der Chefarzt der Kardiologischen Klinik des St. Bernward Krankenhauses in Hildesheim, der im Rahmen des Herzinfarktnetzes sehr eng mit dem Alfelder Team zusammenarbeitet.
Es sind drei Millionen Menschen in Deutschland jedes Jahr neu von einer Herzschwäche betroffen, wie Dr. Ingo Neumann informierte. „500.000 Personen werden jedes Jahr stationär aufgenommen“, so der Internist. Auch die Sterblichkeit sei mit einem Zehntel sehr hoch.
Wie erkennt man eine Herzschwäche? Luftnot bereits bei leichten Anstrengungen oder im Ruhezustand, ist ein Hinweis. Auch Schwellungen im Fuß- oder Beinbereich können Zeichen für die sogenannte Herzinsuffizienz sein. Die Betroffen fühlen sich generell schnell erschöpft und wenig leistungsfähig, oft leiden sie auch unter Schwindel. Allerdings werden die Symptome von Laien oft fälschlich als Alterserscheinungen eingestuft. Die Herzschwäche wird in vier Stadien unterteilt, von fehlenden Symptomen (nur im Herzecho erkennbar) bis zu massiver Luftnot bereits im Sitzen (Lungenödem).
Hausärzte sowie die Herzexperten in den Krankenhäusern können mit einer ganzen Reihe schmerzfreier Untersuchungen feststellen, ob es sich tatsächlich um eine Herzschwäche handelt. Die wichtigste Untersuchung ist die Echokardiografie („Herzecho“). Dr. Neumann erklärte die zwei Unterformen einer systolischen und diastolischen Herzschwäche. Erstere ist eine eingeschränkte Pumpleistung, die diastolische Herzschwäche dagegen eine mangelnde Füllung der großen linken Herzkammer durch Steifheit ihrer Wände.
Wenn allerdings plötzlich starke Herzschmerzen auftreten, „sollte man nicht zögern und sofort den Rettungsdienst unter 112 anzurufen“, wie Dr. Neumann und Prof. Scholz dringend raten. Mit diesem Schritt würden Maßnahmen eingeleitet, die den Patienten größtmögliche Sicherheit bieten. Dabei wird das lokale Herzinfarktnetz genutzt – ein Modell aus Rettungsdiensten, Notärzten, Krankenhäusern und Kardiologen, das bundesweit viele Nachahmer gefunden hat.
Die Oberärztin Dr. Christiane Wigand-Richter erläuterte in ihrem Vortrag, wie eine sinnvolle medikamentöse Behandlung helfen kann, die Symptome der Herzschwäche zu lindern und ein Fortschreiten zu verlangsamen. Die Zusammenhänge von Herzschwäche, koronarer Herzkrankheit, Bluthochdruck, Nierenfunktion, Herzrhythmusstörungen, Blutarmut und einer möglicherweise zu salzreichen Ernährung sowie der Trinkmenge (zu wenig wie auch zu viel ist ungünstig) sind komplex. Besonders wichtig sind regelmäßige Medikamenteneinnahmen, meist eine Kombination aus drei oder vier Medikamenten: sogenannte ACE-Hemmer (oder Sartane), Betablocker, wassertreibende Medikamente und andere.
Seit 2016 ist für eine schwere Herzschwäche zudem ein neues Medikament im Einsatz („Entresto“), das in speziellen Fällen helfen kann. Auch die Behandlung einer gelegentlich gleichzeitig existierenden nächtlichen Schlafapnoe-Krankheit fand Erwähnung, denn die Behandlung bessert zusätzlich oftmals die Beschwerden einer Herzschwäche. Ebenso muss ein oft vorliegender Eisenmangel geklärt werden, um die Bedingungen in der Behandlung der Herzschwäche weiter zu optimieren. Weiterhin sind Herzrhythmusstörungen zu behandeln und ein zu niedriger beziehungsweise zu hoher Puls sind bei Herzschwäche ungünstig. „Der Blutdruck muss optimal eingestellt werden“, so Dr. Wigand-Richter, die auch deutlich zum Nichtrauchen rät.
Prof. Dr. Scholz erklärte eine Optimierung der Durchblutung des Herzmuskels bei koronarer Herzkrankheit mit Herzkatheter und Stentversorgung. Bei sogenanntem Linksschenkelblock kann im Einzelfall bei Herzschäche ein spezieller Herzschrittmacher hilfreich sein. Das zahlreich erschienene, interessierte Publikum nutzte am Ende der Veranstaltung die Gelegenheit, den drei Medizinern individuelle Fragen zu stellen. Wie üblich bei dieser Veranstaltungsreihe, die von der Klinik für Innere Medizin im AMEOS Klinikum Alfeld und der Deutschen Herzstiftung mit ihrem Vertreter Dieter Herrmann aus Hildesheim veranstaltet wird, wurden die Fragen ausführlich beantwortet. Die Patienten-Akademie Alfeld des Vereins der Freunde und Förderer des Alfelder Krankenhauses e.V. war lokaler Kooperationspartner.