„Alles habe ich durch: Meine nagelneuen Laufschuhe liegen zu Hause im Schrank, ungetragen. Meine letzte Diät ist drei Wochen her, da habe ich mich durch den Tag gequält, nur, um am Abend doch wieder bei der Tiefkühlpizza zu landen. Dazu habe ich Germany’s Next Topmodel geguckt und irgendwann nur noch geheult.“ So stellt sich Birgit in der Adipositasgesprächsgruppe am AMEOS Reha Klinikum Inntal vor. Die 42-jährige Erzieherin ist seit einem halben Jahr krankgeschrieben, ihre Depression lässt einen geregelten Arbeitsalltag nicht mehr zu. Ihr Übergewicht ist eine Fussnote im Brief ihres Hausarztes: E66, Adipositas, auch Fettleibigkeit genannt. Laut der Deutschen Adipositas-Gesellschaft teilt sich Birgit diesen Diagnoseschlüssel mit rund einem Viertel der deutschen Erwachsenen. Adipös gilt, wer einen Body-Mass-Index von über 30 kg/m² hat – und es werden immer mehr. „In Zeiten von Body Positivity gelten immer noch dieselben Schönheits- und Schlankheitsideale. Das ist doch paradox!", macht sich Birgit Luft. Ihre Mitrehabilitand*innen in der Gesprächsgruppe nicken verständnisvoll, das tut gut.
Zu Beginn der Reha stellt sich Birgit der Ernährungsberaterin Sandra Hoge vor. Eigentlich, um ihre Glutenunverträglichkeit zu besprechen, die musste sie im Anmeldebogen angeben. Hier erfährt sie aber vom neuen Behandlungskonzept IDeA, dem Inntaler Depressions- und Adipositas-Konzept. Statt nur die depressiven Symptome anzugehen, setzt das Behandlungsteam in Simbach auf eine ganzheitliche Therapie. „Und das hier bei uns im Inntal, wo man von Schweinebraten und Apfelstrudel umringt ist“, lacht Hoge. „Das Besondere bei uns ist, dass wir keine Kalorien zählen und auf keine Lebensmittelgruppen verzichten. Vielmehr trainieren wir einen genussvollen und achtsamen Umgang mit dem Essen. Kommen Sie heute gleich in der Lehrküche vorbei, es gibt Kuchen am Nachmittag.“ Und der schmeckt. In Gesellschaft sogar noch besser.
Die therapeutische Gemeinschaft ist die Basis von IDeA. Birgit berichtet, dass sich „die Gruppe wie ein alter Freundeskreis anfühlt“. Auch gemeinsame Bewegung macht so wieder Spass. In der Psychotherapie lernt sie, die Wechselwirkung zwischen ihrem Essverhalten und ihrer depressiven Stimmung zu verstehen. Dieses Wissen nutzt sie auch zu Hause: Im Kindergarten leitet Birgit nun die „Kochzwerge“, ein ernährungspädagogisches Angebot. Denn: Genuss kann man nicht früh genug lernen.
Text: Katharina Auberger
Das Inntaler Depressions- und Adipositas-Konzept (IDeA)
Depression und Adipositas: Häufig steht ein jahrelanger Leidensweg auf diesen beiden Säulen. Wird nur eine davon behandelt, ist der Erfolg meist nur von kurzer Dauer. Eine wirksame Therapie muss deshalb bei beiden Säulen ansetzen – nur so bekommt die Behandlung ein tragfähiges Fundament.
Im AMEOS Reha Klinikum Inntal unterstützen wir Sie dabei, die Verbindungen zwischen der depressiven Stimmung und Ihrem Essverhalten genauer zu verstehen. Mit einem integrativen Programm arbeiten wir gemeinsam mit Ihnen an der Bewältigung Ihrer Erkrankung. Auf diese Weise gelingt es uns, langfristige und nachhaltige Effekte zu erzielen.
Im Sinne einer nachhaltigen und langfristigen Stabilisierung wird im Inntaler Depressions- und Adipositas-Konzept keine Reduktionsdiät mit dem Ziel der schnellen und starken Gewichtsabnahme verordnet. Vielmehr geht es darum, einen neuen gesunden Lebensstil zu erlernen und einzuüben.
Bei IDeA geht es weder darum, möglichst viele Kilos zu verlieren, noch um eine kurzfristige Stimmungsaufhellung. Wir unterstützen Sie dabei, leichter leben zu lernen.
Langfristig, körperbewusst und ohne Diäten.