Musiktherapeut Michael Walther arbeitet in der Rehabilitationsklinik für pflegende Angehörige im AMEOS Reha Klinikums Ratzeburg. Er wird wird immer wieder von seinen Rehabilitanden gefragt, ob er denn Musik empfehlen könne, mit der er sich gut entspannen lässt. Natürlich hat er da eine Antwort parat, die er gerne auch den Lesern unseres Gesundheitsblogs zur Verfügung stellt...
Klar, antworte ich gerne auf die Frage nach der idealen Entspannungsmusik: Da hätte ich etwas für Sie. Zuvor möchte ich aber einen kleinen Exkurs unternehmen, um die Spannung noch ein bisschen zu erhöhen. Und mit dem Begriff „Spannung" sind wir schon bei dem Zustand, den Sie ja so gerne beenden würden. Musik macht es tatsächlich möglich, dass man sich erholen, regenerieren, eine Auszeit haben haben, sein Wohlbefinden wiederherstellen und Kraft tanken kann.
Wahrscheinlich hat jeder Mensch seine ganz eigene Vorstellung davon, was Musik für ihn bewirkt. Möchten Sie, dass „Ihre" Musik zum Träumen anregt, zur Bewegung oder zum Erinnern? Soll sie möglichst viel Gefühl haben oder eher neutral zur Unterhaltung erklingen?
An diesem Punkt beginnt vielleicht Ihre persönliche Suche! Wie erholen Sie sich? Sind Sie ein Mensch, der eher Bewegung braucht oder legen Sie lieber die Beine hoch? Suchen Sie Anregung unter Menschen oder Ruhe in der Natur? Die Wege, die zu Ihrem persönlichen Wohlbefinden führen, kennen Sie wahrscheinlich am besten. Und so verhält es sich auch mit der Musik.
Musik ist wie Essen: Geschmackssache
Eine Musik, die bei mir ein Wohlbefinden fördert, könnte unter Umständen bei Ihnen genau das Gegenteil anrichten. Musik, die einem am Abend den Schlaf versüßt, ist am nächsten Morgen kaum angebracht. Es hängt also von der Situation, den eigenen musikalischen Erfahrungen und vor allen Dingen dem eigenen Geschmack ab, wie sich Musik nutzen lässt. Wo bleibt denn aber nun endlich die Empfehlung für eine Entspannungsmusik? Nun ja, das ernüchternde Fazit lautet: Es gibt nicht die Entspannungsmusik, sondern es gibt viele Entspannungsmusiken, Anregungsmusiken, Tanzmusiken, Traummusiken...
Musikhören zum Ritual machen
Deshalb möchte ich Ihnen lieber ein paar Tipps geben, die Ihnen bei Ihrer persönlichen Auswahl helfen und Musikhören zur wirkungsvollen Entspannungsmethode werden lässt: Lassen Sie das Musikhören zu einem Ritual werden! Einmal täglich wäre optimal. Wenn Sie das nicht einrichten können, dann versuchen Sie es jeden zweiten oder dritten Tag, mindestens aber einmal die Woche. Die Erfahrung zeigt nämlich, dass erst durch die Wiederholung auch eine gewünschte Wirkung eintritt. Machen Sie sich bewusst: Das ist Ihre Zeit!
Jedes Ritual erfordert eine gewisse Disziplin. Sie werden schon bald spüren, wie gut Ihnen dieses musikalische Auszeitritual tun wird. Wie viel Zeit steht Ihnen zur Verfügung? Wenn die Zeit knapp ist, suchen Sie sich lieber eine kurze Musik aus. Sie können auch ein Stück mehrmals hören und so die Zeit allmählich ausdehnen. Hören Sie die Musik nicht zu laut. Es kann hilfreich sein, wenn Sie nicht total vom Alltag abgeschottet sind. Hören Sie nicht über Kopfhörer, außer wenn Sie sich absolut sicher fühlen können, also nicht von außen gestört und so vielleicht erschreckt werden können.
Zum Entspannen empfehle ich: Keine Experimente, sondern Musik, die Ihnen besonders vertraut ist. Sie gibt Ihnen Sicherheit, weil sie vorbereitet sind auf das, was kommt. Beobachten Sie die Gedanken und Bilder, die Ihnen durch den Kopf gehen. Versuchen Sie nicht dagegen anzugehen. Vergleichen Sie doch mal, was an den anderen Tagen war: Hat sich etwas verändert? Wenn Ihre Musik-Auszeit zum festen Bestandteil Ihres Lebens geworden ist, werden Sie erleben, dass Sie sich nicht nur immer leichter entspannen können, sondern dass Sie sich außerdem auf einer bereichernden Entdeckungsreise befinden.